Der Supergau jedes Oldtimerbesitzers - ein unverschuldeter Totalschaden !

Eine nervenaufreibende Geschichte! In den Nebenrollen: Anwälte, Versicherungen, Sachverständige und Reparaturbetriebe. Als besonderer Service mit einem Seitenblick auf das österr. Rechstsystem.

Trotz besseren Wissens ....

Am 18.07.2010 hielt das Schicksal eine unangenehme Überaschung für uns bereit: Auf der Heimfahrt von der Wadholz Classic fuhr, ein Stop-Schild ignorierend, ein Opel Vectra direkt vor uns auf die Bundesstraße, sodaß ein Zusammenstoß trotz sofort eingeleiteter Vollbremsung nicht mehr zu verhindern war.

Auf den ersten Blick war zu sehen, daß vorn am Auto einiges beim Teufel war. Offensichliche Personenschäden waren zu diesem Zeitpunkt keine zu erkennen: Nachrüstgurte und ein ordenlicher Kindersitz hatten in der zweiten Reihe eine mögliche Katastrophe verhindert.

"Zum Glück ist ihnen nix passiert, vor 3 Wochen ist hier eine Bekannte von mir tödlich verunglückt."

Das war sozusagen das "Opening Statement" unserer Unfallgegnerin. Die Kenntnis über die Gefährlichkeit der Kreuzung hatte sie allerdings nicht davon abgehalten, das Stop-Schild zu überfahren und somit ihr eigenes und auch unser Leben aufs Spiel zu setzen.

Wie ist die Rechtslage ?

Das österreichische Schadenersatzrecht basiert darauf, daß der Geschädigte nachher nicht schlechter, aber auch nicht besser dasteht als vor dem Ereignis. Das heißt, die Versicherung des Unfallgegners zahlt im Normalfall die Reparatur. Bleiben Schäden oder ein Wertvertlust, kann man evt. diesen abgegolten bekommen. (z.b. wenn ein Fahrzeug mit mit Originallack teillackiert werden muss)

Die Wirtschaftlichkeit spielt aber auch eine Rolle: Die Versicherung ist nicht verpflichtet, 10.000 EUR in ein Auto zu stecken, daß nachher nur 5.000 EUR wert ist. (Die Reparatur ist dann im juristendeutsch "nicht tunlich"). Wenn der Schaden zu groß ist soll sich der Geschädigte ein gleichwertiges Fahrzeug eben wieder beschaffen - zur Auszahlung kommt der Wiederbeschaffungswert, den ein Gutachter ermittelt. Davon wird der Restwert (des Wracks) abgezogen. Da kommt schon der ersten Sonderfall zu Tage: Ein satter Parkrempler in die Türe, und die Reparaturkosten sind höher als der Fahrzeugwert. Die Rechung sieht dann so aus: Ein voll funktionstüchtiger Hagelschaden-Scorpio mit TÜV und Vollausstattung ist mit einer Beule in der Türe auch nur unwesentlich weniger Wert als mit vier ganzen Türen - ätsch! Da verlieren auch sonst schwer besonnene Menschen die Contenance.

Man sieht also gut, daß es bei schwereren Schäden gut für die Versicherung ist, wenn sie einen Totalschaden abgelten muß. Sie bezahlt dann das Auto abzüglich dem Restwert. Eine Reparatur ist auch bis max. 30% über dem Fahrzeugwert tunlich und daher auch teurer.

Wenn z.B. allerdings der Fahrzeughalter zuletzt größere Summen in das Fahrzeug investiert hat, kann auf dem Rechstswege versucht werden, diese als sog. "frustrierte Kosten" einzutreiben. Besondere Merkmale des Fahrzeugs werden nicht wirklich berücksichtigt: Denn ideelle Werte werden in Österreich nur in Ausnahmefällen sicher abgegolten -Urlaubsfreuden und Veranstaltungsausfälle. Bei unseren Autos spricht der Jurist vom "Objekt mit dem Wert der besonderer Vorliebe". Einen Anspruch bis zu diesem Wert gibt es nur bei Schädigung aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit - das muss aber mal ein Richter festlegen (ABGB § 1331 ).
Fesgelegt wurde jedenfalls (dt.BGH, Urteil vom 02.03.2010, Az. VI ZR 144/09), daß ein aus zwei verschiedenen Fahrzeugen als Unikat zusammengebauter Wartburg im Totalschadensfall nur mit dem Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeuges abgegolten wird.

Und sie bewegt sich doch ...

Historisch erhaltungswürdig: Unsere Strategie war zuallererst, der gegnerischen Versicherung klarzumachen, daß wir keine Abgeltung nach dem aktuellen Schrott-Kilopreis akzeptieren würden. Noch vor der Unfallmeldung durch die Unfallgegnerin hatte die Bearbeiterin bei der Versicherung den Auszug aus der Eurotax-Liste am Schreibtisch, auf der unser 1980er Ford Taunus 1600 GL als "historisch erhaltungswürdig" angeführt wird. Gut, daß der Auszug aufgrund aktueller Vorbereitungen zur Typisierung als "historisch" schon griffbereit lag.

Gutachter: Sensibilisiert duch den von uns aufgebauten Druck erschien ein Sachverständiger zur Besichtigung, der auf der ÖAMTC-Homepage als Oldtimer-Experte aufscheint. Er bescheinigte dem Fahrzeug einen Zustand 3 vor dem Unfall und einen halbwegs fairen Wert. Ein paar vereinfachende Formulierungen in der Zustandsbeschreibung führten übrigens noch zu einer Diskussion zwischen den Anwälten. Die Schadenssumme wurde auf ca. 7000 EUR geschätzt - also ein Totalschaden.

Ersatzteile: Im Altblech-Forum und auf Hecktrieb.de-Forum fanden sich neben Beileids-Bekundungen und tröstenden Worten auch allerhand Angebote für Teile. Motorhauben, Lichter, Gühlergrill, ja ein ganzer Vorderwagen wurde in Aussicht gestellt. Beim Taunus-Treffen gabs die richtungsweisende Begrüßung durch "consul315" mit den Worten:

"Und ihr seids jetzt hoffentlich zur Vernunft-Entscheidung gekommen, daß ihr ihn wieder aufbauts."

Und auch schon die ersten Lichtblicke: Gerhard brachte aus Graz einen Blinker und einen Scheinwerfer für die marode Seite mit. Und "nur sicherheitshalber" nahm Hans ein ganzes Radhaus aus England mit. Dann ließ sich nicht weit von hier ein Taunus schlachten, und auf dem Dachboden lag ohnehin schon länger eine Motorhaube herum. Und dann gibts ja noch die bekannten Bezugsquellen.

Der Blick ins Detail: Der Schadensgutachter hatte nicht die Möglichkeit, die Motorhaube aufzumachen. Nachdem Kotflügel, der vordere Deckel und der Heizungskasten neben dem Auto lagen, gabs in unserer Garage einmal den kompletten Blick auf das Grauen: Das Radhaus zerknüllt, der Rahmen verzogen, Kotflügel und Motorhaube im Eimer, Frontpartie teillädiert und der Ventilator hatte sich in den Kühler gefräst. Die Vorderachse hängt schief in den Gummipuffern, dürfte aber OK sein.

Und dann die gute Nachricht bei der neuen Kalkulation: Die Kosten für die Reparatur werden in etwa im Bereich der von der Versicherung angebotenen Summe liegen.

Spenglermeister: Hier im Kremstal gibt es ein Ford-Autohaus, daß dem alten Blech noch nicht vollständig abgeschworen hat. Die "heiße Spur" legte übrigens ein "scharfer" Escort MK II. Ein paar herzerfrischenden Vorgesprächen folgte die Schadensbesichtigung vor Ort: "Jojo, den ziagn 'ma scho wieder auseinander, des wird scho!" Da wurde man sich rasch einig. Wir sollten nur schauen, daß wir alle Teile zusammenbringen. In Summe dauerte es dann 4 Monate, bis das letzte Teil, die Frontschürze, ihren Weg zu uns fand. Mit dem Kühler gabs dann noch einiges zu lachen, doch mehr dazu später.

I'll be back!

Dann ging es los: An einem nebeligen Samstag morgen zog Hr.Kogler vom gleichnamgen Autohaus den Patienten auf seinen Abschleppwagen. Die Stimmung war bestens: Der Profi verzichtete auf übertriebene Ladungssicherung ("gach stehn bleiben geht eh net, de Bremsn san hin") und machte uns noch mit Geschichten von der Richtbank über auseinandergerissene Autos Mut. Kurzum: nach 5 min. Aufladen und 50 min Schmäh-führen entschwand der Taunus samt Transit im Nebel.

Abwarten und Tee trinken

Nun war es sonderbar leer in der Garage. In der Grafikabteilung schlug eine Inspiration ein, aber sonst war alles ruhig.

Kurzbesuch in der Werkstatt

Die Blechkünstler ließen uns am Zwischenstand teilhaben. Den kleinen Vorwurf "A bissl a Rost is ah owagfoin" überhörten wir angesichts der Tatsache, daß der Taunus schon wieder nach Auto aussah. Mit der Farbgestaltung von Motorhaube und Kotflügel war die Taunus-Community nicht zu frieden, als wir die Bilder präsentierten, aber wir sahen das nicht gar so eng.


Unter den Christbaum

Gerade rechtzeitig vor Weihnachten, am Abend des 23.Dezember 2010 rollte das frisch lackierte Familienauto wieder vom Abschleppwagen. Die orangen Drehlichter sorgten für Weihnachtsstimmung, und trotz -5 °C in der Garage gab's einen Sektempfang. Gut sichtbar am unteren Bild: der Kühler fehlt noch....



Keep cool - das Kühlerdilemma

Die Firma Motormobil in Zorneding - der Alt-Ford-Teilehändler schlechthin- hatte uns einen Knudsen-Kühler geschickt, der wegen der unterschiedlichen Anschlüsse nicht montiert werden konnte. Ein kurzes Mail, ein netter Rückruf, und eine zweite Sendung aus Bayern lag schon vor der Türe. Doch als spätnachts der Kühler seinen Weg in die Karosse finden sollte, war dieser erst einmal zu groß. Die Teilenummer "82BV.." sagt aus, daß dies ein Transit Kühler ist. Ein kurzes Mail, ein netter Rückruf: Das ist von Ford so vorgesehen!

Na gut, eins der Haltebleche raus, und dann gings irgendwie doch. Fehlt ja nur noch die Tülle zum Anschluss des Überlaufschlauchs and den Transit-Kühler (der Taunus Kühler hätte ein Röhrchen gehabt).

Kein Problem für Motormobil, wird sofort geschickt!

Die dritte Sendung aus Zorneding kam aber leicht lädiert bei uns an. Der geschätzte Leser möge raten, ob das 2cm große Ersatzeil noch im Umschlag war...

Nach einem kurzen Anruf wird uns ein viertes Packerl mit einer neuen Tülle zugesichert, die auch wenige Tage später eintrudelt. Zumindest der Lieferschein und der Umschlag - das verflixte Kunststoffteil hat sich vom Klebeband auf der Rückseite befreit und ist nicht im Kuvert.

Ralf Esser von Motormobil, gesegnet mit einer Engelsgeduld, schickt die fünfte Sendung ab.

Sie kommt an. Und - ohne sie im bereits gefüllten Kühler zu versenken, kann die Tülle montiert werden.

Auto komplett. Schlüssel drehen... ein Huster.... läuft!

Wir sind wieder dabei!

Und das gabs später auch noch schriftlich!

Special Thanks

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